Das Leben in der Bibliothek

Da sich das Semester langsam dem Ende entgegen neigt und man sich bald schon wieder in die Klausurphase stürzen muss, erfordert zunächst eine andere Aufgabe das studentische Hirn:

 

Kunstvoll entwickelte Wortgeflechte mit akribisch notierten Quellenangaben, fein säuberlich mit Seitenzahl ab Seite drei. Kurz: Wissenschaftliches Arbeiten. Noch kürzer: Hausarbeit.

Und wo lässt es sich nicht schöner schreiben als gemeinsam mit Gleichgesinnten und an einem direkt an der Basis zur Weltliteratur befindenden Ort? Die Bibliothek. Da man diese schon fast das zweite zu Hause nennen kann, möchte ich einmal meine Beobachtungen in diesem Gebäude aus der Sicht einer "langjährigen" Studentin darstellen. Eine damit einhergehende empfundene überhebliche Haltung gegenüber jüngeren Studierenden entstand rein zufällig und war nicht beabsichtigt. ;)

 

30 Grad im Schatten. Super, dann reicht der Pulli und eine Thermostrumpfhose für die Stunden am Computer. Da schafft es die Klimaanlage der Bib nur auf Minus 562748 Grad zu kühlen.

 

Ihr lieben 18-jährigen Studentinnen. Der Gruppendiskussionsraum heißt so, um sich mit Partnern über uniinterne diskutierbare Themen auszutauschen. Im Flüsterton! Und nicht, um der Kleinen neben dir lautstark zu verkündigen wie "geil" das letzte Schützenfest war. Nein, uns fleißig Arbeitende und vom Abgabezeitdruck Geplagte interessiert es nicht, was du an deinem Wochenende getan hast. Schön, dass du ein Wochenende hattest, aber rede doch außerhalb der Bibliothek darüber.

 

Wenn die beste Bibliotheksfreundin neben mir ernsthaft fragt (im Flüsterton, natürlich ;) ), ob denn schon wieder Kinderuni sei (Kinder besuchen die Uni und nehmen an kindgerechten "Vorlesungen" teil) und einfach nur unter 20-Jährige am Schreibtisch vorbei laufen...dann merkt man irgendwie, dass man alt wird. Schließlich beginnen bald die 2000er Jahrgänge ihr Studium...Hilfe.

 

Routine ist alles: Jeden Tag der selbe Platz, die selbe Toilette, das selbe Schließfach - Struktur erleichtert das Denken. :D

 

Scannen. Ja da hat man schon mehrere Minuten seines Lebens verloren. Warum gibt es Menschen, die ein komplettes Buch einscannen? Von vorne bis hinten? Liest man sich das dann zu Hause durch? Verstehe ich nicht...

 

Schüler und Schülerinnen...äh Schüler*innen...äh die/der? Schüler_in...äh...Lernende...??? Ich gebe es zu, ich kann nicht gendern. Auch nicht nach einem Genderseminar im 4. Semester. Okay, das ist dann ja auch schon wieder ziemlich lange her...

 

Ab 10 Uhr keine Körbe mehr. So spät waren wir ja auch noch nie in der Bibliothek. Dann halt 1000 Bücher auf dem Kopf tragen.

 

In die Bibliothek geht man ungeschminkt! Immer! ;)

 

Der Tisch wird ab 8 Uhr reserviert. Mit Zetteln, Stiften und Heftern - auch wenn zwischendurch 3 Stunden in der Mensa gegessen wird! Da muss man hart bleiben.

 

Eine normale Tasche reicht leider nicht für Laptop und Bücher. Da muss mit Reiserucksack angerückt werden. :D Merkwürdig, wenn Menschen mich auf der Straße frage, wo ich denn hin will... Na in die Bibliothek natürlich. Was sonst? Geht man mit Rucksack etwa reisen??

 

PS: Die Lampen an den Schreibtischen halten bei leicht aggressiven Stimmungen und damit verbundenen Schlägen auf das Mobiliar leider nicht. Sachbeschädigung in der Bibliothek...vielleicht werde ich doch irgendwann noch mal ein Bad Girl. Hahaha.

 

PPS: Oh noch eine Bad Girl Nummer...Raus geschmissen! Zu laut geredet... :D

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Anna (Dienstag, 11 Juli 2017 20:31)

    Ich musste wirklich lachen als ich das gelesen habe :D auch wenn ich natürlich nicht alles nachvollziehen konnte, da ich ja selbst erst ein "Frischling" bin und sich die Anzahl ausgeliehener Bücher an einer Hand abzählen lässt (Zu meiner Rechtfertigung meiner Freude und meinem Leid ein sehr prüfungsintensiver Studiengang) und ich sowieso in der Bib immer nur lässig in den Sesseln sitze, um ein bisschen lernen zu können, derweile jemand der Meinung ist die elektronischen Rollos austesten zu müssen. 5 mal in 10 Minuten. Bei Regenwetter.
    Aber in deiner shortstory merkt man wirklich wie umfangreich deine Bib Erfahrung ist ;) Ps: das mit dem lauten reden in der Ruhezone hätte ich nun aber ernsthaft nicht von dir erwartet und das mit dem rein schmuggeln der Glasflasche hast du nicht mal erwähnt....du Rebell.

  • #2

    Nathalie (Mittwoch, 12 Juli 2017 08:57)

    Welch erfrischender Beitrag!
    Besonders spannend ist hier zu sehen, dass das "Biblife" überall gleich zu sein scheint. Der einzige Unterschied liegt wohl darin, dass bei uns die Toiletten so gut versteckt sind, dass ich sie erst im 6. Semester gefunden habe. Ist man im vierten Stock angekommen, hört man das eigene erschöpfte Keuchen in der andächtigen Stille des Lesesaales.
    Bei genauerem Überlegen gelobe ich dann doch mein geliebtes Home-Office. (:

 Die Fotografie lehrt, dass wie gut du siehst, nichts damit zu tun hat, wie gut du siehst. Autor unbekannt

 

 

My portraits are more about me than they are about the people I photograph.

Richard Avedon

 

 

Das Auge macht das Bild, nicht die Kamera.

Gisele Freund

 

 

Ein Photo sagt nicht länger die Wahrheit. Es schlägt nur eine Möglichkeit vor.

photokina 2000

 

 

Follow